Montag, 23. Juni 2008

Neues Atelierprojekt-Programm


Liebe Freunde vom Atelierprojekt,

ab sofort finden Sie unser neues Programm von Juli 2008 bis Januar 2009 unter

http://www.atelierprojekt.de/

Besonders hinweisen möchten wir Sie auf die Veranstaltungen im Juli und August 2008

1. Sommerakademie 2008 im Schafhof, Freising

28.7. - 10.8.2008

Cornelia Eichacker: Farbe, Lichtwert, Landschaftsmalerei (28.7.-3.8.2008)

Stefan Zeiler: Der Mensch in der Natur (28.7.-3.8.2008)

Sabine Berr: Offene Werkstatt (4.8.-10.8.2008)

Sara Rogenhofer: Landschaft - Vom Abbild zur Abstraktion (4.8.-10.8.2008)

2. Sommerakademie für Kinder

mit Katharina Wächter-Jugel (4. 8. - 9.8)

3. Zeichnen und Malen in der Natur auf Burg Wahrberg in Mittelfranken

Jess Walter (Mi 30.7. - So 3.8.)


In allen Veranstaltungen gibt es noch freie Plätze . Nähere Informationen und
Anmeldung über http://www.atelierprojekt.de/

Monatlich finden Sie auf unserer homepage einen Kunsttipp zu aktuellen
Ausstellungen.

Viele Grüße

Das Atelierprojekt-Team

Sonntag, 1. Juni 2008

Kunsttipp Juni 2008 von Ingrid Floss

de Kooning - An American Master

Biografie über Willem de Kooning von Mark Stevens und Annalyn Swan, erschienen bei Alfred A. Knopf, New York 2005.

Als ich 2005 ein halbes Jahr in New York verbrachte, war diese Biografie gerade erschienen und einige der Künstler, die ich dort traf, erzählten
mir davon. Ich kaufte sie mir gleich und versuchte manchmal, wenn ich auf den New Yorker Straßen unterwegs war, die alten Orte, wo sich die Künstler damals trafen oder die Gegenden, in denen sie ihre Lofts hatten, zu finden.

Das New York von heute hat sich so sehr verändert, daß von den alten Bars, Caféterias und überhaupt der ganzen Stimmung downtown Manhatten nicht mehr viel übrig ist. Da, wo die sehr verarmten amerikanischen Künstler, in den 40er Jahren ihre Lofts aus alten Lagerhallen zusammenbauten, findet man jetzt hauptsächlich Dessous- und Klamotttenläden, oder teure Luxuslokale. Dort wo auf der Bowery, einer Straße auf der Eastside, damals die ganz Armen lebten und die Betrunkenen, wie auch de Kooning selber, in den Straßengräben ihren Rausch ausschliefen, sieht jetzt alles wie aus dem Ei gepellt aus, mittendrin ein Neues Museum, das eher müde wirkt im Vergleich zu der aufregenden Zeit, die so gut in dieser Biografie beschrieben ist.


Willem de Kooning, der 1904 in Rotterdam geboren wurde, hatte eigentlich eine Ausbildung als Werbeillustrator und besuchte die Abendklasse in der Rotterdamer Akademie. 1926 emigrierte er illegal in die USA. Die ersten Jahre waren sehr hart. Die ganzen Kämpfe ums Überleben und um die Malerei sind im Buch sehr gut spürbar, so dass man einen tiefen Eindruck von der Zeit, der Stadt und den verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten bekommt. Sie waren kompromisslos und wollten eher arm sein, als angepasst.

Am Anfang hatte de Kooning noch Jobs als Dekorateur oder Illustrator, das gab er dann nach einiger Zeit auf, um sich ganz der Malerei zu widmen und dann wurde es erst richtig schwer. Manchmal gab es nichts zu essen und mit der Miete war er um viele Monate im Verzug. Es gab ein paar Freunde, die ihn unterstützten und manchmal eine Arbeit von ihm kauften. In den 30er und 40er Jahren waren amerikanische Künstler nicht besonders gefragt. Im Mittelpunkt der Kunstszene standen die europäischen Künstler wie Picasso, Matisse, Miró, Dali ...

Ein sehr wichtiger Wegbegleiter für de Kooning war Arshile Gorky, der für viele junge Künstler damals die treibende Kraft und Inspiration war. Eine Zeit lang waren de Kooning und Gorky unzertrennlich, wobei Gorky, der etwas älter war und sehr redegewandt, eher im Vordergrund stand und de Kooning, meist still und unauffällig, im Hintergrund. Zwischen den Weltkriegen war Kunst etwas, über das man diskutierte, aber das man nicht kaufte. Die Künstler damals, vor allem die, die downtown lebten, hatten gar nicht daran gedacht, erfolgreich zu sein. Keiner von ihnen hatte eine Galerie oder etwa Geld. Also trafen sie sich und diskutierten über Kunst und das heftig und leidenschaftlich.Wie man so schön in dieser Biographie lesen kann.

Sie gründeten den "Club" in einem Loft in der East 8ht Street. Dort gab es Vorlesungen und Diskussionsrunden. Der "Club" setzte sich aus Künstlern einer Gruppe zusammen, die eher von Mondrian beeinflusst war, und aus einer anderen, die Picasso favorisierte. Sie hatten gemeinsam, dass sie den Kubismus dem Surrealismus vorzogen. Die meisten von ihnen mussten sich von der Zeit erholen, als die Surrealisten in den Kriegsjahren in New York so dominant waren. Die Künstler vom "Club" waren alle nicht etabliert, nicht von Uptown, nicht reich und nicht verbunden mit einflussreichen Modemachern.

Erst Ende der 40er Jahre trat de Kooning langsam mehr und mehr in die Öffentlichkeit. Aus dem stillen nach innen gerichteten Mann wurde jemand, der anfing, öffentlich über seine Kunst zu sprechen und mehr und mehr seine Arbeiten in Ausstellungen zu zeigen. Es gibt in der Biografie viele Zitate und die sind besonders schön, weil de Kooning´s Sprache so einfach, ehrlich und direkt ist. Ein Beispiel: "Whatever an artist´s personal feelings are, as soon as an artist fills a certain area on the canvas or circumscribes it, he becomes historical. He acts from or upon other artists...An artist is someone who makes art too. He did not invent it. How it started - to hell with it. It is obvious that it has no progress. The idea of space is given him to change if he can. The subject matter in the abstract is space. He fills it with an attitude. The attitude never comes from him alone...You are with a group or movement because you cannot help it."

Das Interesse an Arbeiten von de Kooning wuchs und vor allem Jackson Pollock wurde bald ein gefeierter amerikanischer Künstler. Die zwei mochten sich, aber es war eher so, wie man jemanden mag, der ein ganz naher Verwandter ist.
In den 50er Jahren hatte de Kooning viel Erfolg mit abstrakten Arbeiten, auf denen biomorphe Formen zu sehen waren, eher im "all over" Stil gemalt. Einige sehr bekannte Bilder davon in schwarz-weiß. In den 60er Jahren war es dann schon wieder vorbei mit dem Erfolg. Pop Art und Minimal Art entwickelten sich. De Kooning stand einmal vor der Sidney Janis Gallery, in der er auch ausstellte, und sah die neue Pop Art, die "New Realism" genannt wurde. Warhol, den er Andy Ashole nannte, Lichtenstein und Rauschenberg waren in dieser Ausstellung vertreten. De Kooning sah sie aber nur durchs Fenster, er wollte noch nicht mal hineingehen.

Als er um die 60 Jahre alt war, zog de Kooning in die Springs bei East Hampton auf Long Island, wo damals hauptsächlich Bauern lebten. Er baute sich ein Atelier und das war, wie er seine Bilder malte: über viele Jahre hinweg immer wieder etwas verändern, wegnehmen und hinzufügen. Seine Malerei, die immer wieder in Veränderung war, entwickelte sich erst vom Figürlichen im kubistischen Stil, dann zu abstrakten Formen, später wieder in seiner ersten berühmten "Woman Serie" zur Figur, dann wieder abstrakt, dann wieder figürlich mit einer neuen "Woman Reihe", die auf sehr viel Ablehnung stieß. Als er nach Long Island ging, kam langsam der Einfluss der Landschaft und des Lichts am Atlantik mit ins Spiel und es entstehen diese ganz besonderen, späteren Abstraktionen die voller Raum und Kraft sind, immer noch mit sehr dicker Farbe gemalt, die wie nass wirkt, wie Wasser.

In diesem Buch ist auch gut beschrieben, wie de Kooning gearbeitet hat. Oft hat er die Farbe mit Zeitung noch länger feucht gehalten und dann die Zeitung auf andere Leinwände übertragen, so hängt jedes neue Bild mit dem Vorangegangenen zusammen. In seinen ganz späten Arbeiten werden die Bilder leerer und erinnern etwas an Mondrian. In der letzten Phase seines Lebens merkt man, wie Alzheimer langsam Besitz von ihm ergreift. Die Arbeiten werden immer flacher und er fällt auf das zurück, was er sein ganzes Leben gemacht hat: Zeichnen. Es bleibt nur noch der Schwung, der aus der Hand automatisch kommt. Es ist eigentlich ein Wunder, dass er bei all diesen teilweise wahnsinnigen Alkoholexzessen 92 Jahre alt geworden ist. Er stirbt 1997. Es ist unglaublich, wie er sich immer wieder verändert hat in seiner Malerei, die einfach das Leben für ihn war. Viele Schlägereien, viele schlechte Kritiken, aber auch viel Anerkennung, viele schlechte Zeiten, aber ein leidenschaftliches Leben.

Ich habe die Biografie gerade eben erst zu Ende gelesen und war vor zwei Monaten noch einmal in New York. Die Wall Street und China Town breiten sich immer mehr aus und die letzten Hippies sind den reichen Teenies gewichen, die eine Zeit lang nach New York kommen mit viel Geld von zu Hause. Manhattan ist unerschwinglich geworden für junge Künstler und sie müssen lange Wege zurücklegen, um sich zu treffen. Heute fragen sich die Künstler als erstes, bei welcher Galerie bist Du und nicht, welche sind Deine liebsten Künstler. Dann muß man eben zu neuen Orten aufbrechen in der Kunst, in der Malerei und in der Welt. Vielleicht München und die Voralpenlandschaft.

Am Ende noch ein Zitat von de Kooning:" I´m in my element when I´m a little bit out of the world: then I´m in the real world - I´m on the beam. Because when I´m falling, I´m doing all right; when I´m slipping, I say hey, this is interesting! It´s when I´m standing upright that bothers me: I´m not doing so good; I´m stiff. As a matter of fact, I´m really slipping, most of the time, into that glimpse. I´m like a slipping glimpser."

Atelierprojekt-Kunsttipp Juni 2008 von Ingrid Floss

Weitere Kunsttipps auf der Website des Atelierprojekts