Montag, 7. Juli 2008

Fotos von der Sommerakademie


Um allen noch ein wenig mehr Lust auf unsere Sommerakademie zu machen, gibt es auf der Atelierprojekt-Website neue Fotos von den Kursen 2007.

Von 28. Juli bis 10. August findet unsere diesjährige Sommerakademie im Schafhof - Europäisches Künstlerhaus Oberbayern - in Freising statt.
Thema ist Malerei und Zeichnung vor der Natur. Vier professionelle Künstlerinnen und Künstler bieten vor dem Hintergrund ihrer künstlerischen Praxis Zugang zu Gestaltungsweisen, maltechnischen Verfahren, regen zu mutigen Schritten an und helfen bei der Suche nach einem starken persönlichen Ausdruck. Im weitläufigen, üppigen Garten des Schafhofs ist ein ungestörtes Arbeiten ebenso möglich wie in der großzügigen Halle, in die man bei Schlechtwetter ausweichen kann.
Das differenzierte Kursprogramm führt in alle Techniken wie Ölmalerei, Acryl, Aquarell, Gouache, Zeichnung oder Pastell ein. Eigentliches Ziel ist aber stets die künstlerische Aussage: von genauer Naturbeobachtung über expressive Gestaltung bis zu ungegenständlicher Farbsetzung reicht hier das Spektrum der möglichen Ansätze.
Ausführliche Bildanalysen, interessante Gespräche zur Kunst und nicht zuletzt das gemeinsame Mittagessen im sonnigen Garten bieten reichlich Gelegenheit zu intensivem Ideenaustausch.

Freitag, 4. Juli 2008

Adolph Menzel in der Hypo-Kunsthalle München

ALLES ist es wert, genau betrachtet zu werden.

Die Adolph-Menzel Ausstellung „radikal real“ in der Hypo-Kunsthalle München


Was hat der Mann nicht alles gezeichnet! Alles hat er gezeichnet. In seinen Mänteln trug er acht Skizzenbücher in verschiedenen Taschen mit sich herum, um festzuhalten, was ihm wert schien, festgehalten zu werden. Und da war kein Ding zu klein oder zu gering: ein Mann, der auf dem Häusl sitzt oder an der Pissrinne die letzten Tropfen abschüttelt, ein Gerüst für die Dachdecker, der Kamm der Köchin Lina mit den darin feststeckenden Haaren, ein Altar, eine Prozession – später für ein Ölbild als Vorwurf gut zu gebrauchen – ein Nachtgeschirr und eine Familienszene mit Lampenlicht, Tiere, Bäume, technische Gerätschaften, Menschen. Er hat sehr genau hingeschaut und er muss rasend schnell gezeichnet oder ein eidetisches Gedächtnis gehabt haben, um auch noch so detailreich und -genau zu zeichnen.


Die Rede ist von Adolph Menzel. Von von Menzel, denn so durfte er sich in seinen späteren Lebensjahren nennen, aber der Adelstitel hat ihm so viel nicht genützt; weil, er war und blieb ein Außenseiter. Außenseiter, weil er in die Kunst- und Galerieszene nicht passte. Der Vater hatte eine Lithographiewerkstatt, dort lernte er. Begann zu arbeiten, besuchte Kunstschulen, nicht die offizielle Akademie. Arbeitete. Arbeitete. Arbeitete.


Der berühmte Satz, von dem ich immer nicht weiß, ob ich ihn preisen oder verdammen soll, „Genie ist Fleiß“, hier trifft er sicher zu. Aber Genie ist eben mehr als Fleiß, und das trifft hier erst recht zu. Denn wie Menzel nach dem frühen Tod der Eltern die Familie unterhält, nach dem Tod des Bruders noch dessen Fotostudio fortführt, erst spät zu Geld kommt, so dass er reisen kann, auch nach München, wo er das Hofbräuhaus liebt, mitten in der schon damals Touri-Schenke, und den Barberinischen Faun in der der Glyptothek, dessen laszive Eleganz und Marmorglätte er großartig festhält, mit Bleistift auf Papier, da waren ja der Fleiß und die Arbeit gewissermaßen nur der Hintergrund, vor dem er „trotzdem“ sehen und zeigen konnte, was er sehens- und zeigenswert fand.


Es gibt bei den Malern diesen dummen Streit zwischen Linie und Fläche. Die Zeichner stehn erstmal auf die Linie, die Maler halten Flächen für wichtigere. Ein müßiger Streit, beides braucht’s– aber dass zeichnen können eine gute (wenn nicht doch die) Grundlage ist, merkt man bei Menzel. Die Malerei hat er sich erst später und autodidaktisch angeeignet. Sind ihm auch technische Fehler passiert, so dass manche Ölbilder in argem konservatorischem Zustand sind, lauter Risse, wo man was sehen sollte. .Das Zeichnen, das einen genauen Blick auf die Wirklichkeit verlangt und verleiht, lernte er von Anfang an. Von den berühmten Bildern, dem Eisenwalzwerk, der unvollendeten Reverenz des Souveräns vor den Märzgefallenen 1848 – ja, die Bourgeoisie als aufsteigende, revolutionäre Klasse und einer, der sie beobachtet, das war, auch bei den Sanssouci-Bildern kein Adelsmaler – sind nur wenige da. Es geht bei dieser Ausstellung darum, nicht die berühmten Werke zu zeigen, sondern wie die Sicht des Künstlers, die in seinen Zeichnungen sich niederschlägt, sein ganzes Werk beeinflusst hat. Kein Auge drückt er zu gegenüber der Schönheit und gegenüber der Hässlichkeit der Welt. Dekorierte Offiziere im Zustand der Verwesung, Soldaten im Lazarett, ein wunderschönes junges Mädchen auf dem Totenbett. Mit sich selbst geht er nicht anders um: sein Fuß in Öl, eine Studie wie fürs ein medizinisches Lehrbuch oder die linke Hand die rechte zeichnend oder ein Selbst mit einer Zahnrose: Schauen, was da ist.


Einen Außenseiter-Gesichtspunkt sollte man nicht vergessen: die Kleinwüchsigkeit des Künstlers. Sie mag beigetragen haben, dass er trotz Ruhm und Geld lieber mit der Schwester verreiste, und, trotz durchaus vorhandenem Interesse an weiblichem Gebein unverheiratet blieb. Anders als Toulouse-Lautrec, der mit seiner adligen Herkunft sich wennschon dennschon um Konventionen nicht scherte, besuchte der Aufsteiger Menzel nicht die Bordelle, aber immerhin stieg er auf die Tische des Ballsaals, um einer opulenten Dame so richtig schön von oben ins Dekolleté zu schauen – und das Geschaute zu zeichnen.


Das ist eine faszinierende Ausstellung, die Christiane Lange, die Leiterin der Hypo-Kunsthalle in München, und Dr. Bernhard Maaz vom.Kupferstichkabinett in Berlin hier gemacht haben. Faszinierend unter anderem, einige Skizzenbücher am Bildschirm „durchzublättern“ – obwohl mir das Medium zu viel Distanz verschafft und nicht angenehm ist, weil sich noch eine Ebene zwischen Betrachter und Bild schiebt, ist doch andererseits die Abfolge, wie gesehen, so gezeichnet, höchst bemerkenswert. Oder wie Misslungenes ausgestrichen wird und neu noch einmal begonnen – man kann dem Arbeitsprozess des Künstlers wirklich folgen. Wo kriegt man das schon geboten?


1.7.2008 Jürgen Walla

Mittwoch, 2. Juli 2008

Kunsttipp Juli 2008 von Sabine Berr

Uli Zwerenz in der Artothek München

Ich freue mich immer ganz besonders, wenn es Bilder von dem Münchner Maler Uli Zwerenz zu sehen gibt. Bis zum 2. August kann man eine wunderbare Ausstellung seiner Malerei in der Artothek München sehen. Anlässlich dieser Ausstellung habe ich mit Uli Zwerenz ein Interview geführt.



Sabine Berr: Deine Bilder haben für mich etwas absolut überraschendes und zugleich etwas Vertrautes. Sie rufen in mir Erinnerungen an Orte (die ich eigentlich gar nicht kenne) hervor und sind doch ganz ungegenständlich. Wie kommst Du zu den Bildern?

Uli Zwerenz: Kennst Du den Satz von Robert Musil in Der Mann ohne Eigenschaften: „Ein Mann kommt nie weiter, als wenn er nicht weiß, wohin er geht“. Ich weiß nicht, wohin ich gehe. Das Einzige was ich mache, ist ein Schritt, und dann noch einer und noch einer und noch und noch und möglichst viele Schritte und daraus entsteht etwas. Wenn man nur einen Schritt macht und hört dann auf, dann kann ein Bild auch für einen selbst nicht überraschend sein.

Ausgangspunkt ist z. B. eine Farbe. Ich wähle eine Farbe, das ist sehr unbewusst, keine Gedanken darüber, einfach eine Farbe, auf die ich Lust habe. Das ist natürlich immer verbunden mit dem Leben und deswegen nicht beliebig. Die Wahl der zweiten und aller folgenden Farben hingegen ist eine Reaktion auf das, was schon da ist. Dann mache ich einen Fleck aufs Bild und so kommt ein Fleck zum anderen. Tendenziell erst nebeneinander und dann auch übereinander. Ein Fleck hat natürlich auch eine Form.

Du hast neulich erzählt, an einem Bild hättest Du zwei Jahre gearbeitet. Ist deine Arbeitsweise eher eine langsame?

Es gibt Bilder die wachsen schnell und es gibt Bilder, die wachsen langsam. Ein Bild in der Ausstellung, das linke der zwei großen, habe ich 1998 begonnen und 2002 beendet. Meistens arbeite ich zwei bis drei Monate an einem Bild. Wenn ich während dieser Zeit zu keinem Ende komme, stelle ich es beiseite und mache etwas anderes. Irgendwann drehe ich es wieder um und mache weiter. Das kann sich drei oder viermal wiederholen.

Das ist wie beim Spazierengehen, wie wenn man eine Wanderung macht, und man würde alle fünf Minuten ein Foto von der Aussicht machen, dann blieben die Fotos einander sehr ähnlich. Wenn du aber nur alle zwei Stunden ein Foto machst, dann wären sie sehr unterschiedlich. Und so ist es ganz gut eine Zeit-Komponente einzubauen. Wobei ein Bild natürlich einfacher ist, wenn man es in einem Satz schafft. Das Rechte von den zwei großen Bildern im großen Raum ist in einem Satz entstanden.

Ich muss entscheiden, warum ich etwas stehen lasse und warum nicht. Lass ich es nur stehen, weil es einer Sehgewohnheit entspricht und ich es deswegen akzeptiere oder kann ich es in seiner unvertrauten Fremdheit ertragen. Ich muss es entscheiden. Es muss sich im Bild begründen. Es darf manchmal etwas bleiben, weil es eine Bestätigung für die Augen ist. Das Auge will aber nicht nur bestätigt werden. Der Mensch will auch etwas Neues sehen. Wir freuen uns über Überraschungen. Diese Überraschungen oder auch Unfälle und Fehler versuche ich zu provozieren. Dann laufen Prozesse ab, in die ich gar nicht mehr eingreife. Es entstehen Bilder, die außerhalb meiner Vorstellung sind.

Deine Bilder sind teilweise mit fertiger Ölfarbe und teilweise selbstangeriebenen Pigmenten gemalt. Wie kann man sich das vorstellen?

Pigmente sind sehr wichtig. Sie erweitern das Spektrum der gängigen Farben ungemein. Grüne Erde als fertige Farbe gibt es nur in wenigen Variationen zu kaufen, an Pigmenten jedoch in mindestens zehn. Dazu muss man sie natürlich kennen, wie jede andere Farbe auch. Es ist doch ein sehr großer Unterschied, ob ich einen gelben Ocker oder einen orangen Ocker oder ein Siena verwende.

Mischst Du auch?

Klar, mischen ist möglich, mission is possible.

Danke Dir!



Uli Zwerenz

28.6. - 2.8.2008

Bildersaal, Artothek, Rosental 16 (in den Arkaden auf der Rückseite des Stadtmuseums)

Öffnungszeiten:

Mi u. Fr 14.00 - 18.00 Uhr, Do 14.00 - 19.30 Uhr, Sa 9.00 - 13.00 Uhr

Weitere Informationen zur Artothek München

Kunsttipp Juli 2008 auf der Website des Atelierprojekts

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