Mittwoch, 2. Juli 2008

Kunsttipp Juli 2008 von Sabine Berr

Uli Zwerenz in der Artothek München

Ich freue mich immer ganz besonders, wenn es Bilder von dem Münchner Maler Uli Zwerenz zu sehen gibt. Bis zum 2. August kann man eine wunderbare Ausstellung seiner Malerei in der Artothek München sehen. Anlässlich dieser Ausstellung habe ich mit Uli Zwerenz ein Interview geführt.



Sabine Berr: Deine Bilder haben für mich etwas absolut überraschendes und zugleich etwas Vertrautes. Sie rufen in mir Erinnerungen an Orte (die ich eigentlich gar nicht kenne) hervor und sind doch ganz ungegenständlich. Wie kommst Du zu den Bildern?

Uli Zwerenz: Kennst Du den Satz von Robert Musil in Der Mann ohne Eigenschaften: „Ein Mann kommt nie weiter, als wenn er nicht weiß, wohin er geht“. Ich weiß nicht, wohin ich gehe. Das Einzige was ich mache, ist ein Schritt, und dann noch einer und noch einer und noch und noch und möglichst viele Schritte und daraus entsteht etwas. Wenn man nur einen Schritt macht und hört dann auf, dann kann ein Bild auch für einen selbst nicht überraschend sein.

Ausgangspunkt ist z. B. eine Farbe. Ich wähle eine Farbe, das ist sehr unbewusst, keine Gedanken darüber, einfach eine Farbe, auf die ich Lust habe. Das ist natürlich immer verbunden mit dem Leben und deswegen nicht beliebig. Die Wahl der zweiten und aller folgenden Farben hingegen ist eine Reaktion auf das, was schon da ist. Dann mache ich einen Fleck aufs Bild und so kommt ein Fleck zum anderen. Tendenziell erst nebeneinander und dann auch übereinander. Ein Fleck hat natürlich auch eine Form.

Du hast neulich erzählt, an einem Bild hättest Du zwei Jahre gearbeitet. Ist deine Arbeitsweise eher eine langsame?

Es gibt Bilder die wachsen schnell und es gibt Bilder, die wachsen langsam. Ein Bild in der Ausstellung, das linke der zwei großen, habe ich 1998 begonnen und 2002 beendet. Meistens arbeite ich zwei bis drei Monate an einem Bild. Wenn ich während dieser Zeit zu keinem Ende komme, stelle ich es beiseite und mache etwas anderes. Irgendwann drehe ich es wieder um und mache weiter. Das kann sich drei oder viermal wiederholen.

Das ist wie beim Spazierengehen, wie wenn man eine Wanderung macht, und man würde alle fünf Minuten ein Foto von der Aussicht machen, dann blieben die Fotos einander sehr ähnlich. Wenn du aber nur alle zwei Stunden ein Foto machst, dann wären sie sehr unterschiedlich. Und so ist es ganz gut eine Zeit-Komponente einzubauen. Wobei ein Bild natürlich einfacher ist, wenn man es in einem Satz schafft. Das Rechte von den zwei großen Bildern im großen Raum ist in einem Satz entstanden.

Ich muss entscheiden, warum ich etwas stehen lasse und warum nicht. Lass ich es nur stehen, weil es einer Sehgewohnheit entspricht und ich es deswegen akzeptiere oder kann ich es in seiner unvertrauten Fremdheit ertragen. Ich muss es entscheiden. Es muss sich im Bild begründen. Es darf manchmal etwas bleiben, weil es eine Bestätigung für die Augen ist. Das Auge will aber nicht nur bestätigt werden. Der Mensch will auch etwas Neues sehen. Wir freuen uns über Überraschungen. Diese Überraschungen oder auch Unfälle und Fehler versuche ich zu provozieren. Dann laufen Prozesse ab, in die ich gar nicht mehr eingreife. Es entstehen Bilder, die außerhalb meiner Vorstellung sind.

Deine Bilder sind teilweise mit fertiger Ölfarbe und teilweise selbstangeriebenen Pigmenten gemalt. Wie kann man sich das vorstellen?

Pigmente sind sehr wichtig. Sie erweitern das Spektrum der gängigen Farben ungemein. Grüne Erde als fertige Farbe gibt es nur in wenigen Variationen zu kaufen, an Pigmenten jedoch in mindestens zehn. Dazu muss man sie natürlich kennen, wie jede andere Farbe auch. Es ist doch ein sehr großer Unterschied, ob ich einen gelben Ocker oder einen orangen Ocker oder ein Siena verwende.

Mischst Du auch?

Klar, mischen ist möglich, mission is possible.

Danke Dir!



Uli Zwerenz

28.6. - 2.8.2008

Bildersaal, Artothek, Rosental 16 (in den Arkaden auf der Rückseite des Stadtmuseums)

Öffnungszeiten:

Mi u. Fr 14.00 - 18.00 Uhr, Do 14.00 - 19.30 Uhr, Sa 9.00 - 13.00 Uhr

Weitere Informationen zur Artothek München

Kunsttipp Juli 2008 auf der Website des Atelierprojekts

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